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Standort Portugal: Deutlicher Anstieg der Nachfrage

26.09.2022

In den ersten sieben Monaten dieses Jahres sind die Anfragen von Unternehmen, die einen Standort in Portugal aufbauen wollen, um 50 Prozent in die Höhe geschnellt.

Und das im Vergleich zu 2021. Schon das vergangene Jahr war laut portugiesischer Außenhandelsagentur AICEP mit 97 Investitionsprojekten im Wert von 2,7 Milliarden Euro bereits das bisherige Rekordjahr. Vor der Pandemie, im Jahr 2019, lag die Summe bei 1,2 Milliarden Euro. Die Anfragen deutscher Unternehmen nach Zulieferern in Portugal haben sich bislang im Vergleich zu 2021 mehr als verdreifacht.

Der Grund für diese Entwicklung sind die weltweiten Krisen, vor allem das Coronaproblem. AICEP hilft großen Konzernen, die sich für Portugal als Standort interessieren oder dort Zulieferer suchen.

Davon gibt es seit dem Ausbruch der Pandemie deutlich mehr. Die Firmen wollen angesichts von Lieferengpässen und explodierenden Logistikkosten weniger abhängig von einem Zulieferer oder einer Region sein: „Der Trend zum Nearshoring ist der wichtigste Grund für den starken Anstieg des Investoreninteresses in den vergangenen zwei Jahren“, sagt AICEP-Präsident Luís Castro Henriques.

Zwar können Unternehmen nicht einfach eine Fabrik von China nach Europa verlagern. Aber bei neuen Investitionen entscheiden sie sich nun öfter gegen Asien und für Europa.

Portugal bietet viele gut ausgebildete IT-Experten und entwickelt sich bereits seit einigen Jahren zum Standort für IT-Dienstleistungen und Softwareentwicklung. Neu ist in diesem Jahr die Zunahme von Industrieunternehmen, die in Portugal eine eigene Produktion aufbauen wollen oder Zulieferer suchen.

Die portugiesischen Hersteller von Autoteilen können sich vor Anfragen kaum retten. „Die meisten Firmen haben ihre Kapazitäten voll ausgelastet“, sagt Mafalda Gramaxo, Chefin des Metallindustrie-Verbands in Portugal.

Verstärkt wird der Nearshoring-Trend durch den Ukrainekrieg, der ein zweites Phänomen befördert, das sogenannte Friendshoring. Dabei suchen Unternehmen Standorte oder Zulieferer in vertrauenswürdigen Ländern. Sie wollen damit verhindern, dass ihre Investitionen durch die unkalkulierbare Politik in Autokratien in Gefahr geraten.

„Seit dem Krieg in der Ukraine ersetzen Unternehmer auch Zulieferer in Osteuropa durch andere in politisch sichereren Regionen“, sagt Paulo Azevedo, Vizechef der deutsch-portugiesischen Handelskammer in Lissabon. Die Unternehmen könnten die Auswirkungen des Ukrainekriegs auf Nachbarländer wie Polen oder Rumänien noch nicht abschätzen und orientierten sich deshalb Richtung Westen.

Deutsche Firmen gehören zu den größten Investoren in Portugal. Ihre Anfragen bei Azevedo haben seit der Pandemie um die Hälfte zugelegt. Besonders stark ist die Nachfrage nach technisch anspruchsvollen Produktgruppen wie der Präzisionstechnik, in der etwa auch Promecel aktiv ist. Der Trend wirkt sich auch auf die portugiesischen Exporte aus, die deutlich gestiegen sind.

Quelle: Handelsblatt